Marcel Beyer
9. Thomas Kling-Poetikdozent an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Marcel Beyer (*1965 auf der Schwäbischen Alb, heute in Dresden ansässig) ist einer der bedeutendsten und vielseitigsten Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur: 2016 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet, ebenfalls erhielt er den Lessing-Preis des Freistaats Sachsen. Zuletzt wurde er für seinen Roman Dämonenräumdienst mit dem Peter-Huchel-Preis ausgezeichnet und erhielt für sein Gesamtwerk den Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Bad Homburg. Daneben steht eine Reihe weiterer wichtiger Preise und Auszeichnungen. Sie alle würdigen ein Œuvre, das verstörende Ansichten unserer Geschichte und Gegenwart bietet und zugleich mit seiner sprachlichen Intensität betört. Zuletzt erschien Marcel Beyers Gedichtband Dämonenräumdienst 2022 im Suhrkamp-Verlag.
Geprägt nicht nur von Thomas Klings Sprache reflektierenden Verfahren, exponieren Beyers Texte ihr eigenes Medium und setzen sich mit Musik und bildender Kunst oft kooperativ auseinander. Sie erforschen aktuelle, historische und neuerdings verstärkt politische Phänomene ebenso wie die kulturpoetischen Parameter naturwissenschaftlichen Arbeitens. Beyers Schreiben ist genreübergreifend angelegt: Erzählprosa, Lyrik, Libretto und Essay haben darin gleichen Rang. Und es wird von ungewöhnlich offenen poetologischen Selbstauskünften begleitet.
Die feierliche Antrittsvorlesung von Marcel Beyer "Schrift und Schnitzer" im Rahmen der Thomas Kling-Poetikdozentur fand am Montag, den 6. Mai 2019 im Festsaal der Universität Bonn statt.
Antrittsvorlesung
Wir laden Sie herzlich ein, die Antrittsvorlesung von Marcel Beyer zur 10. Thomas Kling-Poetikdozentur an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn unter dem Titel "Schrift und Schnitzer" hier digital zu erleben.
"Schrift und Schnitzer", Antrittsvorlesung von Marcel Beyer (2019); Laudatio: Prof. Dr. Kerstin Stüssel, Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Univerität Bonn
Seminar: Ordnen, Umformen, Verwandeln. Lockerungsübungen für den akademischen Alltag (SoSe 2019)
Beschreibungstext der Lehrveranstaltung:
Texte in den Wissenschaften und Nicht-Wissenschaften haben ihre je eigenen Ordnungsprinzipien, um Sprache, Erkenntnis, Zeug zur Darstellung und zur Erzählung zu bringen. Das Einüben von Schreibverfahren kann Fluch und Segen zugleich sein: auf der einen Seite die Freude daran, Schreib- und Darstellungskonventionen restlos zu erfüllen, auf der anderen Seite die Frustration, bestimmten Gedanken oder Gedankenbewegungen innerhalb der vorgegebenen Textmuster nicht folgen zu können, weil ›Wissenschaftlichkeit‹ sich am Text in beträchtlichem Maße über rhetorische Mittel und streng formalisierte Konventionen konstituiert. Was aber, wenn sich Erkenntnis in überkommenen Textformen nicht darstellen, ja, nicht einmal gewinnen läßt? Dann fällt sie nicht unter ›Wissenschaft‹. Genau an diesem Punkt soll das Seminar »Ordnen, Umformen, Verwandeln« ansetzen, indem wir gemeinsam Textanalyse betreiben, Zeichenaufgaben lösen, aus Wissenschaft Literatur werden lassen oder umgekehrt – wenn wir nur wüßten, was genau Wissenschaft und was genau Literatur sein soll.